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Unterkühlung
(grch. Hypothermie)
Eine Unterkühlung, also das Absinken der Körperkerntemperatur unter 36°C,
ist eine gefährliche Störung des Wärmehaushalts des Körpers.
Den Begriff „Erfrierung” benutzt man häufig, jedoch fälschlich für eine
Unterkühlung („jemand ist erfroren”). Eine Erfrierung ist aber ein örtlich
begrenzter Vorgang, so können Zehen, Finger, Nasenspitze erfrieren, der
ganze Mensch erfriert nicht, er unterkühlt – und an der Unterkühlung stirbt
der Mensch.
Ihre eigene
Sicherheit hat absoluten Vorrang, vor allem bei Eisunfällen! |
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› Unterkühlung erkennen |
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› Gefahren |
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› Erste Hilfe |
Lieber einmal zu viel von
einem Notfall ausgehen! Auch im Sommer kann es zur Unterkühlung
kommen!
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Eine Unterkühlung kann
tödlich sein! Auch in Verbindung mit Alkohol! |
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Notruf 112,
lebensrettende Maßnahmen (Wiederbelebung hat immer Vorrang),
Wärmeerhaltung |
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Unterkühlung erkennen
Um eine Unterkühlung zu erkennen bräuchte man ein geeignetes
Thermometer
(„Fieberthermometer”). Da aber der Ersthelfer ein solches nicht mitführt, müssen
wir uns mit unsicheren Zeichen der Unterkühlung begnügen. Die
Wahrscheinlichkeit für eine Unterkühlung ist bei einer Person in einer
Ausnahmesituation (Verunglückter) sehr hoch, deshalb:
Wir sollten bei j e d e m Verunglückten an eine
Unterkühlung denken und diese, falls keine lebensrettenden Maßnahmen
(Wiederbelebung) notwendig sind, vorsichtshalber eine Auskühlung verhindern!
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Ungenaue Anzeichen einer Unterkühlung
Kältezittern der Muskeln (unterhalb ca. 36 °C)
Gänsehaut
Schmerzen in Händen, Finger, Beinen, Zehen
Blaufärbung von Lippen und Fingerspitzen („Blausucht”, lat.
Zyanose; die Blaufärbung kann auch Zeichen eines gefährlichen
Sauerstoffmangels sein)
Aufregung, Verwirrtheit, Schläfrigkeit, Bewusstlosigkeit
Niedrige Außentemperaturen, feuchte Umgebung, Wind
Diese Anzeichen sind ungenau, denn Kältezittern und
Gänsehaut bekommen manche Menschen bei Aufregung oder Angst, Blaufärbung von
Lippen und Fingern kann auch bei Lungen- und Herzerkrankungen vorliegen. Für
Verwirrtheit und Schläfrigkeit gibt es besonders viele Ursachen und es
bedarf nicht unbedingt niedriger Außentemperaturen, denn eine Unterkühlung
kann auch
im Sommer
auftreten!
Sie sollten eine Unterkühlung vermuten
bei alkoholisierten Personen (v.a. im Freien, im Winter
und Sommer),
bei bewusstseinsgestörten/schläfrigen Verletzten oder
Erkrankten (im Winter und
Sommer),
bei Personen, die kurz zuvor eine schreckliche
Erfahrung gemacht haben (Unfallbeteiligter, Unfallzeuge) und die einen
zittrigen Eindruck machen (im Winter und Sommer),
bei Personen mit durchnässter Kleidung,
bei feucht-kalter Witterung,
bei mäßig bis stark wehendem Wind (sog.
Windchill)
bei Personen, die längere Zeit auf dem (Erd-) Boden
gelegen haben
und in weiteren Situationen, kurzum: behandeln
Sie jeden Verunglückten so, als ob sie oder er eine Unterkühlung hätte
oder unterkühlen könnte. So kann man nichts falsch machen!
Alkoholisierte Personen
sind besonders gefährdet auszukühlen! |
Gefahren einer Unterkühlung
Der Mensch ist ein gleichwarmes Lebewesen. Das bedeutet, dass
lebenswichtige Körperfunktionen nur bei einer bestimmten, immer
gleichen Körpertemperatur optimal ablaufen. Die normale
Körpertemperatur liegt zwischen 36,5–37,5 °C (°C
=
Grad Celsius).
Sinkt die Körpertemperatur ab, kommt es zu einem Ausfall von
Körperfunktionen,
› Körpertemperatur
Gerade bei Eisunfällen besteht eine große Gefahr für den Helfer. Hier
ist besonders überlegtes Handeln notwendig,
Eisunfall
ERSTE HILFE
Auffinden einer unterkühlten Person
Lebensrettende Maßnahmen (Wiederbelebung und Seitenlage) haben immer
Vorrang vor der Wärmeerhaltung!
|
Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Unterkühlung
-
Eigene Sicherheit beachten!
Lawinenabgang, Einbruchgefahr bei zugefrorenen Gewässern, Ertrinkende
-
Reaktionen prüfen:
Wie reagiert die Person auf Ansprechen und Anfassen?
Lässt sich die Person wie ein normal schlafender Mensch wecken? Ein
Schlafender öffnet auf Ansprache, spätestens jedoch auf Anfassen die Augen
und antwortet gezielt auf Fragen. Jeder, der sich anders verhält befindet
sich möglicherweise in Lebensgefahr!
-
Notruf 112
-
Die Sicherstellung lebenswichtiger Funktionen (Atemwege
freihalten, Atmung, Kreislauf) hat absoluten Vorrang vor der Wärmeerhaltung!
Falls Atmung nicht oder nicht sicher feststellbar:
Wiederbelebung!
Falls Atmung sicher feststellbar:
Seitenlage!
-
Betroffenen aus feucht-kaltem Gefahrenbereich an
einen trockenen, windgeschützten Ort bringen. Kann dies nicht erreicht
werden, z.B. auf der Straße, wickeln Sie den Verunglückten in eine oder zwei
Decken, besser
› Rettungsdecken ein.
-
Nicht mit direkten Wärmequellen erwärmen:
keine Wärmflasche, keine heiße Badewanne, sondern den
-
Betroffenen in trockene Decke, Kleidungsstücke
oder Handtücher einwickeln.
-
Nasse Kleidung entfernen.
-
Vermeiden überheizter Räume (hohe Raumtemperatur
führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße der Haut, wodurch sich das noch
warme Blut aus dem Körperkern in die kalte Haut verlagert und mischt – der
Betroffene würde schneller gefährlich auskühlen).
-
Bewegungen vermeiden. Der Betroffene selbst soll sich so wenig wie
möglich bewegen. Es kommt sonst zu einer Mischung des warmen Blutes aus dem
Körperkern mit dem kalten Blut der „Körperschale”, also der Haut, Arme und
Beine.
-
NIEMALS ALKOHOL VERABREICHEN!
Alkohol führt zu einer Weitstellung der Blutgefäße der Haut und damit zu
einem sehr starken weiteren Wärmeverlust. Zusätzlich stört der Alkohol
Hirnfunktionen, wie die Temperaturregelung. Durch Alkoholgabe versagt dann
auch die körpereigene Wärmeerhaltung.
Alkohol und Unterkühlung
Alle bewusstlosen oder bewusstseinsgestörten Personen
sollten unbedingt mit einer
› Rettungsdecke (silber/gold-Folie)
bedeckt werden. Optimal wäre es, wenn bei kalter und/oder feuchter Unterlage
die Rettungsdecke auch unter dem Betroffenen liegen würde.
Körpertemperatur und Wärmehaushalt des Menschen
Stoffwechselvorgänge laufen im Körper nur im
Temperaturbereich von 36,5–37,5 °C optimal ab. Bei abweichenden Temperaturen
kommt es zur Beeinträchtigung von wichtigen Funktionen: Energieversorgung,
Abwehrsystem (Immunsystem), Zell- und Gewebestrukturen werden gestört, der
Mensch gerät in große Gefahr.
Wenn es unserem Körper zu kalt wird, fangen wir an,
Wärme zu erzeugen: Das Kältezittern dient der Wärmerzeugung, verbraucht aber
selbst viel Energie, die dann an anderer Stelle im Körper fehlt.
Die Beibehaltung einer gleichmäßigen Körpertemperatur
um 37 °C ist für den Menschen lebensnotwendig, er ist ein „gleichwarmes”
Lebewesen.
Manche Tierarten sind „wechselwarm”, sie können ihre
Körpertemperatur an die Außentemperatur anpassen. Diese Tiere verfallen bei
niedrigen Außentemperaturen in eine Winterstarre, der Mensch hingegen zieht
sich warm an und dreht die Heizung auf. Dafür verschlafen wir nicht den
ganzen Winter.
Die Gefahr der Unterkühlung ist der Kreislaufstillstand. Daher muss jeder Unterkühlte ständig überwacht werden und, wenn Atmung nicht
mehr sicher feststellbar ist, mit der
Wiederbelebung
begonnen werden. |
Infobox
Wiederbelebungszeit |
Durch eine Unterkühlung wird die Wiederbelebungszeit verlängert. Wiederbelebungsversuche
(Herz-Lungen-Wiederbelebung) müssen so lange durchgeführt werden, bis der
Verunglückte wieder im Normalbereich der Körpertemperatur ist. Die
Wiederbelebung kann dann durchaus mehrere Stunden andauern! Im Idealfall
wird der Verunglückte noch vor Ort vom Rettungsdienst stabilisiert und dann
in ein Krankenhaus mit Intensivversorgung gebracht.
Vor allem Kinder, Lawinenopfer und
Ertrinkungsopfer können noch nach mehr als 45 Minuten ohne Sauerstoffzufuhr
gerettet werden – ohne bleibende Schäden! Diese Besonderheit bei der
Unterkühlung dürfte ihr einziger Vorteil sein – wir sollten ihn nutzen!
Unter Wiederbelebungszeit versteht man die Zeitspanne, innerhalb derer ein
durch Sauerstoffmangel funktionsloses Gewebe oder Organ gerettet werden
kann, ohne dass dauerhaft Schäden zurückbleiben. Die Wiederbelebungszeit ist
bei Unterkühlung teilweise extrem verlängert, da durch die Kälte auch
zellzerstörende Prozesse verzögert werden. |
Temperaturangaben und Temperaturbereiche
Temperaturangaben erfolgen im europäischen Raum in Grad Celsius (Abkürzung: °C), in Amerika in Fahrenheit
(Abkürzung: F),
Temperaturskalen.
Eine stets gleichbleibende Körperkerntemperatur
benötigen viele Organe zur optimalen Funktion. Deshalb gibt es im Körper
Messfühler (Sensoren, Rezeptoren), die nicht nur die Körper-, sondern auch
die Umgebungstemperatur ständig messen und diese Signale an das Gehirn
weiterleiten. Im Gehirn erfolgt die Auswertung und notfalls Gegensteuerung
vollautomatisch, ohne, dass wir etwas davon mitbekommen.
Infobox Normale und gestörte Bereiche
der Körpertemperatur |
|
Abb. 1 | Körpertemperaturbereiche
Die verschiedenen Stadien der
Unterkühlung sind: 36-33 °C: leichte Unterkühlung, 33-30 °C:
mittelschwere Unterkühlung, 30-27 °C: tiefe bzw. schwere Unterkühlung.
Im schwarzen Bereich (*, unter 27°C) kommt es zu einer sehr starken
Dämpfung aller Körperfunktionen („Scheintod”) oder Kreislaufstillstand
(Kältetod). |
Wenn es draußen kalt ist, frieren wir. Das Kältezittern
erzeugt Wärme.
Ist es zu warm, schwitzen wir. Beim Schwitzen wird
Schweiß, also Flüssigkeit, an die Hautoberfläche abgegeben und verdampft
(verdunstet) dort. Dieser Verdunstungsvorgang benötigt Energie, die
gleichsam "verdampft" und dadurch dem Körper verloren geht. Beim Schwitzen
ist dies sinnvoll, geben wir doch somit Wärme an die Umgebung ab.
x
|
|
Wenn wir von Körpertemperatur sprechen, meinen wir fast
immer die Körperkerntemperatur, die im Normalfall um 37 °C liegt. In
Abb. 2 sind die Verhältnisse bei einem Gesunden zu sehen, es steht genügend
Energie bereit, um auch die Arme und Beine mit 37 Grad warmem Blut zu
versorgen.
Der Körperkern enthält die lebenswichtigen
Organe (Kopf: Gehirn; Brustkorb: Herz, Lunge; Bauch: innere Organe), in
denen Energie erzeugt, Krankheitserreger vernichtet, lebenswichtige Stoffe
hergestellt werden und die Funktionen gesteuert werden. Alle diese
lebenswichtigen Organe benötigen eine gleichbleibende Temperatur.
Als Körperschale bezeichnet man die außenliegenden Körperteile, die
keine lebenswichtigen Organe enthalten: Arme und Beine, oberflächliche
Hautschichten. Die Muskeln und Hautstrukturen können Temperaturschwankungen
besser ertragen, als der empfindliche Körperkern.
|
Im Notfall kann der Körper das warme Blut umverteilen,
es fließt dann nicht mehr in den entfernten Winkel des Körpers, sondern nur
im Zentrum, dem Körperkern.
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Bei einer Unterkühlung, aber auch bei verschiedenen
Erkrankungen, kommt es zur sog. Zentralisation (Abb.3). Das 37 Grad
warme Blut wird dann nur noch den Körperregionen zur Verfügung gestellt, die
lebensnotwendige Funktionen ausführen.
Kältezittern erzeugt Wärme durch Muskelarbeit.
Dabei verbrennt der Muskel Zucker mit Sauerstoff, ohne sich jedoch zu
bewegen. Das Prinzip entspricht einem laufenden Motor eines Autos, der zwar
Benzin verbraucht, Lärm macht und Wärme erzeugt (die Heizung funktioniert),
das Auto bewegt sich aber keinen Zentimeter von der Stelle.
Gänsehaut ist eine Art Reflex auf Kältereiz und
eine Schreckreaktion. Dabei richten sich die Haare auf. Gänsehaut kann sogar
an Hautpartien beobachtet werden, an denen wir keine Haare mehr haben.
|
Bei Tieren dient die Gänsehaut, das Aufrichten der
Haare zu einer Vergrößerung des „Luftpolsters” um den Körper. Bei Zugluft
würde sich in den aufgerichteten Haaren die Luft verfangen und die Wärme von
der Hautoberfläche nicht schnell wegtransportiert werden.
Körpertemperaturmessung („Fiebermessung”)
Es gibt immer wieder Unklarheiten, ab welcher
Körpertemperatur man von „Fieber”, wann von „erhöhter Körpertemperatur”
spricht und wie es sich mit dem Temperaturunterschied zwischen rektaler
(rektal von Rektum: Endabschnitt des Darms) und axillärer (von
Axilla: Achselhöhle) Messung verhält.
Erniedrigte, normale, leicht erhöhte, erhöhte
Temperatur oder Fieber?
Die „normale” Körperkerntemperatur beträgt 37
°C, dieser Wert ist aber bei jedem Menschen, je nach körperlicher Aktivität
und auch im Tagesverlauf (Abb. 4) leicht
verschieden. Der normale Temperaturbereich reicht von 36,0 °C bis 37,5 °C.
Infobox
Normaler Tagesverlauf der Körpertemperatur |
|
Abb. 4 |
Schwankungen der Körpertemperatur im Tagesverlauf
Schwankungen
der Körpertemperatur im Tagesverlauf. (nach Schmidt TH in
Brück K: Wärmehaushalt und Temperaturregulation. 24. Auflage, Springer,
Heidelberg, 1990) |
Von Fieber wird in der Medizin bei Temperaturen über
38,5 °C gesprochen, zwischen 37,5-38,5 °C handelt es sich um eine erhöhte
Temperatur (
Temperaturskalen)
Bei Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
kann dieser Wert ständig erhöht sein, diese stehen also ständig "unter
Dampf", während bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
die Temperatur erniedrigt sein kann.
Und auch während des weiblichen Monatszyklus schwankt
die Temperatur (ein Prinzip der Schwangerschaftsverhütung).
Wo kann man die Körperkerntemperatur messen?
Es macht keinen Sinn, die Temperatur der Hautoberfläche zu messen, da diese
sehr großen Schwankungen und individuellen Einflüssen unterliegt.
Die rektale Messung liefert die genauesten Werte, da
bei ausreichend tief eingebrachtem Thermometer tatsächlich die Körperkerntemperatur
gemessen wird.
Die Messung in der Achselhöhle ist meist (großer
Spielraum!) um 0,5 °C niedriger als die echte Körperkerntemperatur.
Die Messung im Mund ist nicht so zuverlässig, da durch
ständige Bewegungen das Thermometer verschoben wird und die Messung
beeinträchtigt wird, außerdem besteht die Gefahr, dass bei einem
Quecksilberthermometer durch Zerbeißen Quecksilber verschluckt wird (
Vergiftungen mit
Quecksilber).
Elektr(on)ische Fieberthermometer führen zwar schnell
zu Messergebnissen, diese sind aber sehr häufig ungenau, was wiederum
abhängig ist von Messort und Geduld (Bewegungen usw.) des Messobjekts...
Neuartige Messverfahren, wie Infrarotthermometer
(Messung im Ohr) oder Stirnthermometer, liefern bei nicht ganz genauer
Messtechnik fehlerhafte Werte. Dabei ist die Messung im Ohr einigermaßen
schwierig, da der Messfühler das Trommelfell anvisieren muss. Der Gehörgang
ist aber leicht verwinkelt, so dass man mit einer Hand die Ohrmuschel in die
(richtige!) Richtung ziehen muss.
Unterkühlung beim Kind
Kinder können wegen ihres kleineren Körpers schneller auskühlen, als
Erwachsene.
Die Anzeichen sind ebenso ungenau wie beim Erwachsenen, man sollte auch beim
Kind stets an die Unterkühlung denken und diese verhindern.
Auch beim Kind gilt:
Aufwärmen nicht durch heiße/warme Gegenstände (Wärmflasche,
Heizdecke, heißes Bad), sondern durch eine oder mehrere trockene und warme
Decken/Handtücher.
Warme (nicht heiße), mit normalem Zucker gesüßte Getränke und süße
Nahrungsmittel (z.B. Schokolade) können nicht nur die Stimmung heben,
sondern auch die Körpertemperatur.
Das Kind nicht allein lassen, dabei ständig Reaktionen und Atmung
kontrollieren.
|
Abb. 5 | Unterkühlung
beim Kind
Kinder kühlen schneller aus
als Erwachsene.
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Auskühlung im Wasser
Wasser leitet (transportiert) Wärme besser als Luft. Feuchte Kleidung
isoliert nicht, im Gegensatz dazu enthält eine Daunenjacke sehr viel Luft
und hält deshalb warm. Aber auch die beste Kleidung fürs Land hilft nicht
viel, wenn eine Person ins Wasser gefallen ist.
Unter- bzw. Auskühlung im Wasser
Wer ins kalte Wasser fällt, muss da schnell wieder raus. Und dann muss rasch
die nasse Kleidung entfernt werden und die Person in „trockene Tücher”
gehüllt werden.
Die Auskühlung im Wasser geht verflixt schnell, die in Tab. 1
genannten Überlebenszeiten beziehen sich auf für den Betroffenen
günstige Umstände. Bewegung im kalten Wasser fördert die Auskühlung
erheblich!
Wer in kaltes Wasser fällt, sollte sich also nicht bewegen und möglichst
zusammengekauert treiben lassen. Im warmen Haus sitzend schreibt sich so
etwas sehr leicht...
Infobox
Überlebenszeit im Wasser |
Wassertemperatur |
Überlebenszeit |
+ 20 |
°C |
40 |
Stunden |
+ 15 |
°C |
5 |
Stunden |
+ 10 |
°C |
3 |
Stunden |
+ 5 |
°C |
2 |
Stunden |
0 |
°C |
30 |
Minuten |
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Tab. 1 |
Wassertemperatur und Überlebenszeit
Die Überlebenszeit bezieht
sich auf einen Menschen, der sich im Wasser nicht bewegt! Bei
Bewegung (Schwimmen) kommt es schneller zur Auskühlung.
Schwankungen
der Körpertemperatur im Tagesverlauf. (nach Madea B: Praxis
Rechtsmedizin. Springer,
Berlin, Heidelberg, 2007) |
Bergungstod
Eine Besonderheit bei unterkühlten Ertrinkungsopfern ist der sog.
Bergungstod. Dieser beschreibt den plötzlichen Tod durch
Kreislaufversagen, hervorgerufen durch das Durchmischen von kaltem Blut in
Armen und Beinen mit dem warmen Blut des Körperkerns (siehe oben:
Zentralisation). Bei der Bergung, dem Ziehen des Opfers in ein Boot
(Bergung) kommt es über das Kippen des Körpers zu dieser Durchmischung von
Blut unterschiedlicher Temperatur.
Für den Ersthelfer ist der Bergungstod aber von nachrangiger Bedeutung.
Sollte tatsächlich ein Kreislaufstillstand eintreten, so ist das nicht die
Schuld des Ersthelfers, dieser sollte vielmehr sofort Reaktionen und Atmung
prüfen und ggf. mit der Wiederbelebung beginnen. Diese ist bei
Ertrinkungsopfern über lange Zeit durchzuführen, da die Wiederbelebungszeit
(s. unten) bei diesen deutlich verlängert ist. Da hat die Unterkühlung auch
mal eine gute Seite!
Die
Rettungsdecke
Die Rettungsdecke kennen Sie vielleicht aus Ihrem Auto. In Deutschland muss
gemäß der DIN 13 164 in Kraftfahrzeug-Verbandkästen eine Rettungsdecke aus
bedampfter Kunststoff-Folie vorrätig sein. Diese hat eine vorgeschriebene
Größe von mindestens 160 x 210 cm.
Die Rettungsdecke ist auf der einen Seite silber-, auf der anderen
gold-farben.
Die Farben haben einen physikalischen Grund: Die dunkle Seite (gold) „zieht”
Wärmestrahlung an, die helle Seite (silber) reflektiert sie. Das Prinzip
kennen Sie wahrscheinlich von Autos: Im Sommer heizt sich ein dunkles
Fahrzeug schneller auf, werden dunkle Flächen heißer, als helle.
In der Ersten Hilfe ist es aber praktisch unerheblich, welche Seite nach
außen zeigt, da die Hauptwirkung in einem Schutz vor Feuchtigkeit und Wind
liegt.
Um die maximale Wirkung aus der Rettungsdecke herauszuholen sollten Sie
aber jeden Verunglückten so in die Rettungsdecke einpacken, dass die Goldseite
nach außen zeigt! Wenn Sie jemanden vor Wärme schützen wollen (bei einer
Hitzeerschöpfung o.ä.) bringen Sie den Betroffenen in den Schatten, aber Sie
werden wohl kaum den überhitzten Menschen in diese Kunststoff-Folie
einwickeln.
Alkohol und Unterkühlung
Alkohol wirkt schon in kleinen Mengen
auf die Blutgefäße in der Haut und erweitert diese. Das ist der Grund dafür,
warum viele Menschen rote Backen nach dem Genuss von Sekt u.ä. bekommen.
Alkohol führt zur
Unterkühlung über verstärkte Wärmeabgabe! |
In größeren Mengen zugeführt verwirrt er unsere Wärmesteuerung aber völlig,
das dann umnebelte Gehirn fühlt Wärme, wo keine ist: Im Winter im
verschneiten Park. Bei großer Wärme tun stark Alkoholisierte dann aber das
scheinbar Richtige, sie entkleiden sich oder legen sich trotz tiefer
Temperaturen auf die Parkbank.
Mit großem Glück werden sie rechtzeitig gefunden, andernfalls am nächsten
Morgen, dann aber tot.
Alkohol hilft nicht gegen Unterkühlung - ganz im Gegenteil!
Alkohol führt nur zu einem subjektiven Wärmegefühl und zur Erweiterung der
Blutgefäße in der Haut. Wenn wir Alkohol zuführen, wird warmes Blut aus dem
Körperkern in die nun erweiterten Blutgefäße der Haut gepumpt und kühlt dort
schnell ab. Es fließt gekühlt in den Körperkern zurück und die Unterkühlung
nimmt einen dramatischen Verlauf.
Verunglückten
n i e m a l s Alkohol geben! |
Wie oben ausgeführt ist Alkohol, auch in kleinsten
Mengen, bei einem Unterkühlten gefährlich.
Doch leider hält sich das Märchen, dass das „Schnapserl”
gegen Kälte hilft, hartnäckig. Auf den Skipisten dieser Welt wird der Unsinn
durch den Tee mit Rum allwintertäglich aufgefrischt.
Und was das Rum-Fässchen betrifft, das die
Bernhardiner-Hunde um den Hals tragen – da drin befand sich kein Alkohol,
sondern eine Notausrüstung!
Alkohol in Verbindung mit niedrigen Außentemperaturen, Feuchtigkeit und
Wind ist gefährlich. Als Ersthelfer sollten Sie ohne schlechtes Gewissen den
Notruf 112
wählen, wenn Sie eine alkoholisierte Person in Gefahr vermuten!
In der Unterkühlung ist das Leistungsvermögen des Gehirns eingeschränkt,
Entscheidungen werden verzögert getroffen oder völlig unsinnige Handlungen
ausgeführt. Eine gleichzeitig bestehende Alkoholisierung kann diesen Effekt
verstärken. So führt das – nur vom Betroffenen so empfundene – Wärmegefühl
gelegentlich dazu, dass sich eine unterkühlte Person entkleidet. Die Folgen
können je nach Situation lebensgefährlich sein.
Der Mensch ist erstaunlich robust, aber alles hat seine Grenzen.
Was in der obigen Abbildung als „falsch” bezeichnet ist, ist es nur im
Zusammenspiel aller Faktoren. Weder der Alkohol, noch das T-Shirt, noch die
Schneelandschaft sind jeweils für sich alleine gefährlich, die Mischung
macht's.
Hintergrundinformationen
Unterkühlung im Sommer / bei gemäßigten
Außentemperaturen |
Es erscheint auf den ersten Blick sonderbar, dass auch im Sommer die Gefahr
der Unterkühlung besteht.
Es ist aber ganz logisch: Die Körperkerntemperatur beträgt 37 °C. Wann aber
hat die Luft eine Temperatur von 37 °C? Sehr selten.
Und an allen anderen Tagen oder unter besonderen Bedingungen kann es zur
Unterkühlung kommen, selbst wenn wir Gesunden kurzärmelig herumlaufen.
Beispiel aus dem Alltag:
Kennen Sie das:
Man wacht in einer eigentlich lauen Sommernacht auf und es fröstelt einen
und man freut sich, sich wieder zudecken zu können.
In milder Form spüren wir hier Temperaturregelung unseres Körpers. Nachts,
wenn wir uns nicht bewegen und auch sonst kaum Wärme produzieren (s.
Abbildung Tagesverlauf der Körpertemperatur), der Körper
also auf "Sparflamme" läuft, würden wir ohne Decke auskühlen.
Ein Verunglückter, dessen Bewusstsein ausgefallen ist, der also noch weniger
Aktivitäten zeigt, als ein Schlafender, kühlt schnell aus. Auch im Sommer.
Bei erschreckenden Ereignissen fröstelt es einen. Häufig wird dann von einem
Schock gesprochen. Zu einer wirksamen Schockbehandlung und vorbeugend gegen
eine Unterkühlung wirkt die Wärmeerhaltung. Wenn der Körper nicht mehr
selbst dazu in der Lage ist, helfen wir von außen nach, indem wir weiteren
Wärmeverlust verhindern.
Beobachten Sie den Betroffenen. Wer mit den Zähnen klappert und zittert
freut sich über tröstenden Zuspruch und eine wärmende Decke.
Merke: Im Winter und auch im Sommer jedem Verunglückten die (Rettungs-) Decke mindestens
anbieten!
|
Windchill („Kühlung durch Luftzug”) |
Als Windchill (aus dem Englischen wörtlich mit Wind-Kälte zu
übersetzen) bezeichnet man die Eigenschaft des Windes, im Vergleich zu
Windstille eine deutlich niedrigere wirksame Temperatur zu erzeugen. Man
spricht zwar gemeinhin von „gefühlter” Temperatur, es handelt sich aber um
tatsächlich auf Körper einwirkende Größen!
Den Effekt des Windchills kann man durch geeignete Kleidung abmildern oder
aufheben; die Kleidung muss winddicht sein und
selbst viel Luft enthalten (gut isolierend).
Bei Windstille ist die gemessene gleich der wirksamen Temperatur. Gemessene
+10 °C wirken bei Windstille wie +10 °C.
Bei Wind ist die wirksame Temperatur deutlich niedriger, als die gemessene
Temperatur. Gemessene +10 °C wirken bei 35 km/h starkem Wind wie 0 °C, ein
Unterschied von 10 °C!
Windgeschwindigkeit |
Tatsächlich gemessene
Außentemperatur (°C) |
0 km/h
(Windstille) |
+ 10 |
+ 5 |
0 |
– 5 |
|
|
|
|
|
|
obige Temperatur
fühlt sich bei Wind an, wie (°C) |
15 km/h
(schwache Brise) |
+ 4 |
– 2 |
– 9 |
– 15 |
35 km/h
(frische Brise) |
0 |
– 8 |
– 15 |
– 20 |
55 km/h
(sehr starker Wind) |
– 4 |
– 10 |
– 18 |
– 25 |
Tab. 2
| Gefühlte Temperatur bei Wind
nach Madea B:
Praxis Rechtsmedizin, Springer Berlin-Heidelberg 2007 |
|
Messung der Körpertemperatur:
Fieberthermometer |
Zur Erkennung einer Unterkühlung sind die meisten
Fieberthermometer auf Grund ihres eingeschränkten Messbereichs nicht
geeignet. Aber selbst wenn ein Thermometer weiteren Messbereichs zur
Verfügung stünde, brächte es wenig.
Der Messbereich eines normalen
Haushalts-Fieberthermometers ist zur Feststellung einer Unterkühlung
nicht geeignet. Es hat einen Messbereich von ca. 34 °C bis 42 °C. Der
übliche Anwendungsfall eines Fieberthermometers ist ja eben die
erhöhte Temperatur.
Bei jedem Verdacht auf eine Unterkühlung oder wenn die
Umgebungsbedingungen darauf hinweisen, Erste-Hilfe-Maßnahmen, wie oben
beschrieben, durchführen. |
Temperaturskalen |
Grad Celsius (Abkürzung: °C):
Temperatur-Skala benannt nach Anders Celsius (gelebt von 1701 bis 1744 in
Schweden). Die Celsius-Temperaturskala wird in Grade (Zeichen: °)
eingeteilt.
Bei der Celsiusskala ist der Nullpunkt (0 °C)
der Gefrierpunkt des Wasser, also wenn Wasser zu Eis gefriert. Der Kochpunkt
des Wassers liegt bei 100 °C, aber nur auf Meereshöhe, da er vom Luftdruck
abhängt. Der Luftdruck wiederum hängt mit der Meereshöhe zusammen. Auf den
Bergen ist die Luft "dünner", der Luftdruck niedriger, Wasser kocht dort
schon unter 100 °C. Aber Anders Celsius lebte in Schweden vermutlich am Meer
und deshalb hat er den Kochpunkt eben auf Meereshöhe bestimmt. Nach unten
gibt es eine Grenze, den absoluten Nullpunkt (minus 271 °C) bei dem gar
nichts mehr läuft.
Die Umrechnung von Grad Celsius in Grad
Fahrenheit erfolgt nach der Formel:
°F =
(°C x 9/5) + 32
Grad Fahrenheit (Abkürzung:
°F): Temperatur-Skala benannt nach dem deutschen Physiker Gabriel
Fahrenheit (gelebt von 1686 bis 1736).
Der Gefrierpunkt von Wasser (entspricht 0
°Celsius) liegt hier bei 32 °F, der Siedepunkt (entspricht 100 °C) bei 212
°F.
Die Umrechnung von Grad Fahrenheit in Grad
Celsius ist ebenfalls etwas kompliziert:
°C = (°F - 32) x 5/9
|
Stadien der Unterkühlung
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Unterkühlung in
verschiedene Grade (Stadien) einteilt. Für den Ersthelfer ist diese
Einteilung ohne jegliche Bedeutung.
Für Interessierte (Link öffnet in neuem Fenster):
Stadien der Unterkühlung (Grade der
Unterkühlung) |
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SEITENINHALT |
|
FRAGEN? |
Erkennen
Gefahren
ERSTE HILFE
Körpertemperatur
Unterk.
beim Kind
Unterk.
im Wasser
Rettungsdecke
Alkohol
und Unterk. |
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|
dialog@de.gohelp.org |
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|
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|
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Ausführliche
Informationen zu |
›
Wiederbelebungszeit |
›
Temperaturbereiche der Körpertemperatur |
›
Körperkerntemperatur und Zentralisation |
›
Körpertemperaturmessung („Fiebermessung”) |
›
Tagesverlauf der Körpertemperatur |
›
Überlebenszeit im Wasser |
›
Windchill |
|
WICHTIG! |
Eine
Unterkühlung kann auch im Sommer auftreten! Deshalb sollten alle
Verunglückten vor Auskühlung geschützt werden!
› mehr
|
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TOD IN DER
SILVESTERNACHT |
»Das kleine Mädchen mit den
Schwefelhölzern« ist ein Märchen von Andersen, das eine Unterkühlung mit
tödlichem Ausgang beschreibt.
PDF (100 kB)
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TRAURIGE
WAHRHEIT |
Alkohol und Kälte –
59-Jährige stirbt vor ihrem Haus
Burg (dpa/lno) -
Alkohol und Kälte haben in der Nacht zu Sonntag zum Tod einer 59 Jahre
alten Frau in Burg (Kreis Dithmarschen) geführt. Sie sei vor ihrem Haus
gestorben, sagte ein Polizeisprecher am Montag und bestätigte damit
einem Bericht der «Dithmarscher Landeszeitung». Die schwer alkoholkranke
Frau sei aus dem Fenster ihres Schlafzimmers im Erdgeschoss geklettert
und habe dann offenbar die Orientierung verloren. Ein Passant fand den
leblosen Körper. Nach der Obduktion schloss die Polizei ein
Fremdverschulden aus. «Ursache für den Tod war in erster Linie Alkohol»,
sagte der Sprecher. 24. November 2008 |
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„KÄLTEIDIOTIE” |
Ein 18-jähriger Schüler
ist auf einer Wiese bei Marlow (Mecklenburg-Vorpommern) nach einer Feier
erfroren.
Das ergaben die
rechtsmedizinischen Untersuchungen. Er wurde
weitgehend entkleidet
gefunden. Der junge Mann besuchte in der Nacht zum Sonntag eine
Diskoveranstaltung im Schützenhaus.
BILD Online, 2.
Dezember 2008 |
Hintergrund »Kälteidiotie«
Als Kälteidiotie bezeichnet man das völlig unsinnige Verhalten eines
Unterkühlten, sich trotz Kälte zu entkleiden. Diese Störung des
Entscheidungsvermögens (Gehirnfunktion) wird schon durch geringe
Unterkühlung ausgelöst. |
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EINSCHLAFEN
LASSEN oder WACHHALTEN? |
„Sorgen Sie dafür, dass sie nicht einschläft”, das ist
ein Satz aus dramatischen Filmszenen.
Warum aber nicht einschlafen lassen? Wenn die Atemwege frei sind (Seitenlage!)
und die Atmung sicher feststellbar ist, darf eine unterkühlte Person gerne
die Augen zu machen und schlafen – dieser Dämmerzustand reduziert nämlich
den Verbrauch der Energie, die für die Wärmeerhaltung im Körperkern
notwendig ist. Damit ist das Einschlafen eine Art Schutzmechanismus des
Körpers.
Lassen Sie einen Verunglückten doch schlafen. Als Ersthelfer müssen Sie dann
aber darüber wachen, dass die Atmung nicht
aussetzt und der Mundwinkel der tiefste Punkt des Körpers ist. Sollte die
Atmung nicht mehr sicher feststellbar sein, dann drehen Sie die Person
sofort auf den Rücken und beginnen mit der Wiederbelebung.
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